Seitenwechsel: „Reden erst die Völker selber…“

Im Mittelpunkt dieses Programms stehen Befreiungslieder aus den Ländern Europas gegen die deutschen Okkupanten im 2. Weltkrieg. Aufgeführt in der jeweiligen Originalsprache, jedoch in neuen Arrangements, zeichnen die Lieder den Eroberungsfeldzug der deutschen Wehrmacht und Industrie nach, allerdings aus der Sicht bzw. auf Seiten der Angegriffenen. Jedes dieser Lieder repräsentiert bis heute den Befreiungskampf der Völker gegen ihre deutschen Peiniger und sie wurden häufig innerhalb kürzester Zeit zu wirklichen Volksliedern. Ihre Popularität blieb ungebrochen: Bis heute sind sie – etwa in Polen, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Griechenland oder Russland – bei den nationalen Feiern an den Jahrestagen der Befreiung neben der jeweiligen Landeshymne zu hören.

In dem einstündigen Programm werden die Befreiungslieder der angegriffenen Völker kontrastiert mit Liedern und Texten von Bertolt Brecht über Deutschland. Dadurch entsteht eine Montage, die unmittelbar an die Fragen der Gegenwart heranführt: Nicht nur, dass die Volkslieder aus dem Widerstand hierzulande kaum jemand kennt, es stellt sich zugleich die Frage, warum es in Deutschland nichts Vergleichbares gibt. Weshalb wird bei uns die Befreiung von Faschismus und Krieg nicht ebenso gefeiert wie in allen anderen Ländern Europas?

Bertolt Brecht formuliert im Solidaritätslied seine sehr aktuelle Vorstellung von einem friedlichen Europa folgendermaßen: „Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein“. Durch die Montage im Programm soll aber auch über die Umkehrung der Frage nachgedacht werden: Reden die Völker eigentlich wirklich selber und wenn nein, wozu benutzen die Herrschenden dann die Vereinigung Europas? Vielleicht würde Brecht die Frage noch prägnanter stellen:

Was soll daran gut sein,
wenn die Oberen ihre Raubzüge
gegen das eigene Volk
auf die anderen Völker
ausweiten und dabei an
keine Grenzen mehr stoßen? 

Damit bleibt er ähnlich unbequem wie zu Lebzeiten. Aber vielleicht finden sich ja auch heute noch welche, die die Pläne ihrer Herrschenden ebenso nachhaltig wie unterhaltsam entlarven.

Auftritte mit Programmbeispielen:
Am 11.02.2005 im Kulturhaus Abraxas beim Brecht Literaturfest / Augsburg
Am 03.05.2005 im DGB-Haus / München